Klebe_100, Projekt zum 100. Geburtstag von Giselher Klebe an der Hochschule für Musik Detmold

Das Mädchen aus Domrémy, halbszenische Aufführung

22.11.2025, 10.30 Uhr, Konzerthaus Detmold

Obwohl Giselher Klebes Gesamtwerk so gut wie alle Gattungen und Besetzungen umfasst, ist er vor allem als Opernkomponist bekannt geworden. Er selbst bezeichnete diesen Bereich als „Zentrum“ seiner Arbeit, und noch in den 70er Jahren wurden seine Opern im In- und Ausland häufiger inszeniert und aufgeführt als z.B. die seines Zeitgenossen Hans Werner Henze. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sendete seinerzeit Produktionen bzw. Mitschnitte von neun Opern, die von seltenen Ausnahmen abgesehen seither gut verschlossen und praktisch unzugänglich in den Archiven schlummern (unsere Anfrage an das Deutsche Rundfunkarchiv, welche Klebe-Aufnahmen es überhaupt gibt, wurde mit der erstaunlichen Begründung, man sei für solche Anfragen nicht zuständig, abschlägig beantwortet. Man fragt sich, wofür das Archiv denn dann zuständig ist…).

Es war deshalb von vornherein klar, dass die Oper in unserem Festival zum 100. Geburtstag gewichtig vertreten sein sollte. Eine angedachte Kooperation mit dem Landestheater Detmold kam nicht zustande, weshalb als einzige Möglichkeit die Opernschule der Hochschule blieb. Die Schwierigkeiten eines solchen Projekts sind allerdings immens: Man benötigt für die meist vielen und zum Teil sehr anspruchsvollen Partien geeignete Sängerinnen und Sänger in den passenden Stimmfächern, das Hochschulorchester muss zur Verfügung stehen, Probenzeiten bzw. -räume müssen koordiniert werden, und die Sache kostet viel Geld. Eine Zeitlang habe ich deshalb die Idee verfolgt, einen „szenischen Abend“ mit ausgewählten Szenen aus Klebes Opern ins Programm zu nehmen, die dann mit Klavierbegleitung gespielt werden sollten, und als absoluten Notfallplan hatte ich im Hinterkopf noch die Filmvorführung von Klebes letzter Oper „Chlestakows Wiederkehr“. Der neue Leiter unserer Opernschule Michael Dissmeier hatte dann aber eine weit bessere Idee:  Die Oper „Das Mädchen aus Domrémy“ op. 72 hat statt eines Orchesters die Besetzung vier Klaviere, Schlagzeug und Tonband, was bei größter Anstrengung für uns realisierbar wäre. Es wird deshalb am 22.11. eine gekürzte, halbszenische Aufführung dieser Oper geben, und zwar nicht wie ursprünglich geplant im Klavierauszug sondern im Original.

Die Oper basiert auf Schillers „Die Jungfrau von Orleans“; das Libretto, das vor allem bei der großartigen dramatisch zugespitzten Schlussszene von der Vorlage abweicht, schrieben Giselher und Lore Klebe gemeinsam. Über seine erklärtermaßen subjektive Interpretation der Titelfigur schrieb der Komponist: „Jeanne d’Arc ist für mich eine der wenigen Inkarnationen eines seinem Auftrag unbeirrt folgenden Wesens, das in seiner Reinheit und Einfachheit der allgemeinen Menschheitsgeschichte zum Opfer fällt. Wie Johanna aus einer einzigen tiefen Irritation zu einer überhöhten Festigkeit und Klarheit zurückfindet, um von dort aus über Tod und Vernichtung hinaus immer stärker zu wirken, dies sollte Symbol meiner Interpretation werden.“  Sein Fazit lautet: „Nicht der geschichtliche Aspekt, nicht stilistische Spekulationen, sondern allein die Konzentration auf den ewigen Konflikt zwischen Individuum und Gesellschaft bestimmte die Konzeption dieser Oper.“

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