Klebe_100, Projekt zum 100. Geburtstag von Giselher Klebe an der Hochschule für Musik Detmold

Ensemble Earquake

14.12.2025, 18 Uhr, Audienzsaal der Hochschule für Musik Detmold

Das Ensemble Earquake ist ein studentisches Ensemble für Neue und experimentelle Musik an der Hochschule für Musik Detmold. Die Besetzung formiert sich um langfristige Mitglieder herum jedes Semester neu, so dass unterschiedliche Programme möglich sind, von Kammermusik bis zum großen Ensemble. Es steht derzeit unter der künstlerischen Leitung von Merve Kazokoğlu, die auch dieses Programm zum Klebe-Festival konzipiert hat. Dafür hat sie einige Stücke ausgewählt, die stilistisch oder in Bezug auf die Besetzung aus dem üblichen „klassischen“ Rahmen fallen, außerdem wird die posthume Uraufführung zweier Stücke für Flöte solo erfolgen.

Das Konzert beginnt mit dem Gratulations-Tango op. 40a (1963) für Alt-Saxophon, Trompete, Cembalo und Harmonium, den Klebe zum 60. Geburtstag seines Lehrers Boris Blacher komponierte, und den das Ensemble Earquake hier zum Geburtstagsgruß für den Komponisten umfunktioniert.

Es folgt „Al Rovescio“ op. 67 für für Flöte, Harfe und Klavier und Metallidiophone, das 1973 als Kompositionsauftrag der Copernicus-Stiftung zum 500. Geburtstag ihres Namensgebers entstand. Klebe schreibt zu dem Stück: „Al Rovescio ist eine vor 500 Jahren in Blüte stehende und seither in allen Kompositionsstilen wirksam gewesene Kompositionstechnik, die die von einem bestimmten Zeitpunkt eines musikalischen Ablaufs wirksam werdende Rückläufigkeit des Notentextes bezeichnet. Diese auch als Krebs bezeichnete Technik steht als Symbol für Geburt – Leben – Tod – Unendlichkeit; sie führt die Musik wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurück. Diese früher vornehmlich als Kontrapunkt gestaltete Form ist hier in meiner Komposition auf deutlich hörbare Klangstrukturen angewendet worden. Der Umkehrungsmittelpunkt liegt in einer längeren Flötenkadenz.

Der Tango irregulare op. 112 (1993) für Mundharmonika, Englischhorn, Viola, Bassklarinette und Schlagzeug ist ein kurzes, eingängiges, gleichwohl raffiniert gestaltetes Tanzstück mit deutlichen Anklängen an Unterhaltungsmusik. Für den Mundharmonika-Part konnte als Gast René Giessen gewonnen werden (eine Aufnahme des Stückes hat er bei Youtube veröffentlicht).

Wir bleiben bei ungewöhnlichen Besetzungen an der Schnittstelle zur Unterhaltungsmusik: Tim op. 116 (1994), Komposition für Rockband, für Saxophon, E-Gitarre, E-Bass, Keyboard und Schlagzeug. Klebe erzählte mir damals von der Anfrage einer Rockband (den Namen der Band weiß ich leider nicht mehr) und von dem Stück, das ich aber noch nie gehört habe. Tim ist Giselher Klebes Enkel.

Das Trio „Stufen“ op. 123 (1996) für Alt-Traversflöte, Violoncello und Klavier entstand 1997 für das „Trio mobile“ in Hamburg und wurde beim NDR uraufgeführt. Es ist bisher unveröffentlicht.

Den Abschluss des Konzerts bildet die posthume Uraufführung zweier kleiner Stücke für Flöte solo, geschrieben für Klebes Enkeltöchter: Capriccio op. 146 (2005) und “Für Maya” op. 148 (2007).

Klebe hat übrigens immer wieder seine Kinder, Enkel oder auch seine Nichte „Christinchen“ mit den Widmungen seiner Werke bedacht, z.B. bei dem Zyklus kleiner, kindergerechter Klavierstücke „Meine Enkelkinder und ich“ op. 140, bei „Wiegenlieder für Christinchen“ op. 13 oder eben hier bei „Tim“ und „Für Maya“.

Dieses Konzert stellt programmatisch eine wichtige Ergänzung zu den „ernsteren“ Konzerten des Festivals dar und zeigt Klebes enorme Bandbreite und die beeindruckende geistige Freiheit, mit der er sich in verschiedenste musikalische Welten einfühlen und sie sich zu seiner eigenen Musiksprache nutzbar machen konnte.

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