Antonin Dvorak, Zehn Legenden für Klavier zu vier Händen, op. 59

Schon während der Arbeit an der sechsten Symphonie D-Dur, op. 60 beschäftigte sich Antonin Dvorak mit dem Gedanken, einen Zyklus kleinerer Stücke für Klavier zu vier Händen mit dem Titel „Legenden“ zu schreiben. Seinem Verleger Fritz Simrock kündigte er am 15. Oktober 1880 das neue Werk optimistisch für den nächsten Monat an, begann dann aber doch erst vier Monate später mit der Komposition. Am 22. März 1881 vollendete er das Werk, welches bereits im Sommer desselben Jahres bei Simrock erschien. Wie auch seine Slawischen Tänze orchestrierte Dvorak die Legenden nachträglich.

Wie schon der Titel andeutet, sind die Legenden im Vergleich zu den Slawischen Tänzen im Charakter überwiegend weicher und lyrischer, im Tonfall erzählerischer und in der Form teilweise freier. Gemeinsam ist den Zyklen die Verwendung volkstümlicher, eingängiger Themen, die aber im Fall der Legenden oft wesentlich freier und weiter ausentwickelt werden. An manchen Stellen (z.B. am Ende der zweiten Legende, bei der plötzlichen Rückung von C-Dur nach Fis-Dur am Ende der vierten und bei der Temposteigerung nach dem Beginn der zehnten Legende) geht Dvorak vor allem harmonisch geradezu experimentelle Wege, was in einem kunstvollen und überraschenden Kontrast zu den überwiegend einfachen Themen steht. Manche Legenden erinnern trotz der beschriebenen Unterschiede im Duktus an die Slawischen Tänze, vor allem Nr. 3, 6 und 7, während Nr. 9 eine gewisse Ähnlichkeit mit Johannes Brahms‘ 18. Ungarischen Tanz aufweist. In der sechsten Legende zitiert Dvorak ein Thema aus dem langsamen Satz seiner dritten Symphonie. Insgesamt ist der rund vierzig Minuten dauernde Zyklus voller poetischer und überraschender Einfälle, die im Spannungsfeld zwischen freier, fantasievoller Erzählung und struktureller Konsequenz großartig entwickelt werden.

Aufnahmeempfehlungen:

In der originalen vierhändigen Fassung erlaube ich mir, die Aunahme mit Silke-Thora Matthies und mir zu nennen, in der Orchesterfassung empfehle ich die Einspielung von Rafael Kubelik:

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